Keine Scheininnovationen in der Pharmaindustrie mehr?

08
Nov

Deutschland ist nicht mehr das Pillenparadies wie früher. Es ist für die Pharmaindustrie sehr schwierig geworden, seit die schwarz-gelbe Koalition Sparmaßnahmen bei den Arzneimitteln verordnet hat. Sie kann nicht mehr mit den Medikamentenpreisen machen, was sie will. Die Politik „Big Pharma“ hat nur bei den neuen, innovativen Arzneimitteln die Preise reduziert, möchte aber auch dies bei den älteren Medikamenten durchsetzen. Ob diese Präparate bald billiger werden, soll dieser Artikel auf innovationsnet.de klären:

In der Gesundheitspolitik wird über das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz gesprochen, die Politik hat deutlich Milliardeneinsparungen auf dem deutschen Arzneimittelmarkt erreicht. In der Tat waren die Ausgaben der Krankenversicherung erstmals seit 2004 weniger geworden, was offenbar an den Arzneimittel-Rabattverträgen zwischen Krankenkassen und Pharmaherstellern lag, sowie an den gesetzlichen Sparmaßnahmen.

Was hat das AMNOG bewirkt?

Das Gesetz hat bewirkt, dass die Arzneimittelhersteller, zwar den Preis wie vorher selbst bestimmen dürfen, aber mit den Krankenkassen Rabatte aushandeln müssen. Vorher mussten diese die Kosten voll erstatten, was jetzt nicht mehr der Fall ist. Die sogenannten Nutzenbewertungen sind Grundlage für diese Verhandlungen, was bedeutet, dass das neue Medikament eine Kosten- Nutzen-Analyse durchlaufen muss. Wenn dieses nicht besser als die gewöhnlichen auf dem Markt erhältlichen Medikamenten abschneidet, wird für die Erstattung durch die Krankenkasse ein Höchstpreis festgelegt. Das heißt im Klartext: Es stehen nicht mehr die Gewinninteressen der Pharmaindustrie im Vordergrund, sondern die Versorgungsinteressen der Patienten. Schein-Innovationen, die angeblich für Menschen keinen Zusatznutzen für kranke Menschen haben, werden dank diesem neuen Gesetz nicht mehr besser bezahlt.

Bestandsmedikamente sollen auf den Prüfstand kommen

Da der Pharmamarkt die Nutzenbewertung von neuen Arzneimitteln komplett umgekrempelt hat, sollen jetzt auch Bestandsmedikamente auf den Prüfstand kommen. Es handelt sich hierbei um Präparate, die bereits auf dem Markt erhältlich sind und noch unter Patentschutz stehen. Bei diesen Medikamenten geht es um sehr viel Geld. Diese Präparate werden neu bewertet und die Bundesregierung erhofft sich dadurch, noch mehr Milliarden einzusparen. Stellt man beispielsweise fest, dass das Top-Medikament plötzlich negativ ausfällt, dann werden die Krankenkassen in den Verhandlungen auf einen niedrigeren Preis bestehen. Ärzte werden ein Präparat, dass schlechter bei der Nutzenbewertung ausfällt, vermutlich gar nicht mehr verordnen oder gar preiswertere Medikamente verschreiben, die einen wesentlich besseren, gesundheitlichen Nutzen haben.

Vorteil der Neubewertung

Der Vorteil an dieser Neubewertung käme auch den Versicherten zugute, die dann auch gleich davon profitieren würden. Zumal würde bei vielen Mitteln der Zuzahlungsbeitrag sinken und langfristig könnte es sein, dass sich die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung so sehr entspannen, dass die Beiträge der Krankenkassen gesenkt würden. Man darf also gespannt sein, wie die Bewertung der herkömmlichen Präparate ausfallen wird. In Großbritannien ist so eine Bewertung von gewöhnlichen und neuen Präparaten bereits gang und gebe. Deutschland hinkt also wieder mal etwas hinterher.